„Mit den Händen kaputter Seelen kann
kein Frieden aufgebaut werden.“

Elias Canetti

In diesem Sinne nimmt sich die Stiftung Überbrücken vornehmlich der psychologischen Folgen kriegerischer Konflikte an. Die Stiftung stärkt Frieden durch bewusste Öffnung für verschwiegene und verdrängte Erfahrungen mit Gewalt.

Basierend auf der langjährigen Arbeit von südost Europa Kultur e.V. mit traumatisierten Menschen aus dem ehemaligen Jugoslawien wurde die Stiftung Überbrücken im Jahr 2007 gegründet, um auch die Arbeit des Vereins in Zukunft zu unterstützen und abzusichern.

Traumatisierte Menschen spüren die Wunden des Krieges lebenslang. Ältere Flüchtlinge sprechen während der Therapie häufig über ihre traumatischen Erlebnisse im Zweiten Weltkrieg. Es ist auch ganz offensichtlich, dass unbearbeitete Traumata den Ausbruch neuer Kriege begünstigen. Ungeachtet offizieller Friedensvereinbarungen und Aufbauprojekte lebt der Krieg in Menschen weiter, ihr Gefühl für Sicherheit, Freiheit, Lebenslust und Individualität ist tief erschüttert. Sie fühlen sich in der Welt nicht mehr heimisch und können schwer Vertrauen zu sich und zu anderen Menschen aufbauen.

Verdrängte Traumata übertragen sich unbewusst auf Kinder und Kindeskinder. Hilfe für traumatisierte Menschen fördert also nicht nur deren individuelle Genesung, sondern schafft Generationen übergreifend die Voraussetzungen für die Stärkung des Friedens, damit aus den nachfolgenden Generationen nicht erneut Opfer oder Täter werden.

Auch in Deutschland haben Menschen nach dem Zweiten Weltkrieg erfahren, wie viel Zeit notwendig und wie schwer es ist, Auswirkungen des Krieges, wie z.B. Verfolgung und Vertreibung, zu verarbeiten. Dieser Prozess dauert bis heute an.

In enger Zusammenarbeit mit südost Europa Kultur e.V. unterstützt Überbrücken traumatisierte Menschen bei der Verarbeitung ihrer Erlebnisse durch unterschiedliche Aktivitäten und Projekte. Dabei hat die Stiftung den Wirkungsbereich über Südosteuropa hinaus erweitert, um Menschen zu helfen, die aus anderen Krisengebieten der Welt zu uns kommen.

Die Stiftung Überbrücken unterstützt traumatisierte Menschen bei der Verarbeitung ihrer Erlebnisse durch:

  1. Beratung, Betreuung und Therapie: Die individuelle und gemeinschaftliche Verarbeitung der traumatischen Erlebnisse erleichtern, sich wieder in die Gesellschaft zu integrieren, sie helfen Vertrauen und Verantwortung zu sich selbst und den Mitmenschen zu entwickeln.

  2. Friedenssicherung: Die Erkenntnisse darüber, wie friedliche Menschen zu Gewalttätern werden, und die Einbeziehung von Tätern in einen Dialog, sind bei der Friedenssicherung entscheidend. Nur dadurch, dass wir uns in unserer Arbeit mit den Aspekten und Problemstellungen von Opfern und Tätern befassen, können alte Konflikte nachhaltig überwunden und neue Eskalationen der Gewalt verhindert werden.

  3. Anstiftung zum Frieden: Traumatisierte Menschen sind von Angst, Trauer und Ohnmacht, aber auch von Verbitterung und Hass geprägt. Der unverarbeitete emotionale Druck fließt unweigerlich in ihren Lebensalltag ein und schränkt ihre Selbständigkeit und ihre Entscheidungsfreiheit ein. Um Menschen nach den Kriegs– und Gewalterfahrungen wieder voll in die Gesellschaft zu integrieren und sie zu Friedensträgern zu machen, ist es notwendig, ihnen bei der Verarbeitung ihrer Kriegserfahrungen zu helfen. In ihren Erfahrungen liegt auch das Wissen, wie Konflikte im Vorfeld besser erkannt und ausgebrochene Krisen gezielter eingedämmt, gelenkt und gelöst werden können.

  4. Fachvorträge: Unterstützung des gesellschaftlichen Diskurses, um das Thema ‘Trauma’ durch Organisation von Fachvorträgen und Förderung der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit den Folgen von Kriegstraumata. Einen Schwerpunkt sollen hierbei Forschungsarbeiten bilden, die in interdisziplinärer Perspektive den sozialen, ethnischen und auch psychologischen Hintergrund der traumatisierten Menschen aufgreifen und berücksichtigen.

  5. Kreativität: Durch die Unterstützung psychosozialer Projekte mit kulturellen Inhalten soll die Kreativität von Menschen gefördet werden, die durch ihre Traumatisierung den Zugang zu ihren kreativen Wurzeln verloren haben.

Die Stiftung Überbrücken unterstützt somit Prozesse, durch die kriegsgeschädigten Menschen ermöglicht wird, sich selbst wieder aktiv an der Bewahrung des Friedens in der Nachkriegsgesellschaft zu beteiligen.